Pflichtteilsrecht

Pflichtteilsrecht

Das Pflichtteilsrecht gibt demjenigen, der durch Testament oder sonstige letztwillige Verfügung von seinem gesetzlichen Erbrecht ausgeschlossen oder darin benachteiligt wurde, einen letzten Anspruch am Nachlass des Erblassers und ein Recht auf Auskunft bzgl. des Nachlassbestandes gegen die/den Erben. Der Anspruch auf den Pflichtteil ist nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages gegen den/die Erben und ermöglicht es nicht, den Pflichtteilsberechtigten in die Stellung des Erben mit all seinen Rechten und Pflichten zu bringen. Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt in 3 Jahren nach § 195 BGB. Seit der am 01.01.2010 in Kraft getretenen Reform des Erb- und Verjährungsrechts gilt: Die Verjährungsfrist beginnt mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall und der ihn beeinträchtigenden Verfügung von Todes wegen sowie von der Person des Erben Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjährt der Anspruch spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall, § 199 Absatz 3a BGB. Für Erbfälle vor dem 01.01.2010 gelten Übergangsregelungen.

Pflichtteilsberechtigt sind nur diejenigen, die bei einer gesetzlichen Erbfolge (Mit-)Erben wären und deren gesetzliches Erbrecht nur deshalb nicht zum Zuge kommt, weil es der Erblasser durch Testament bzw. Verfügungen von Todes wegen ausgeschlossen hat. Pflichtteilsberechtigt können daher die Abkömmlinge, die Ehegattin/der Ehegatte, der/die Lebenspartner/in nach LPartG und die Eltern sein – abhängig von dem jeweiligen Einzelfall.

Nach § 2303 Absatz 1 BGB kann der Abkömmling des Erblassers, der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist, von dem Erben den Pflichtteil verlangen.

Nach § 2303 Absatz 2 BGB steht das gleiche Recht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.

Die Eltern des Erblassers und entfernterer Abkömmlinge sind nach § 2309 BGB soweit nicht mehr pflichtteilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt. Lebt also zum Beispiel die Tochter des Erblassers noch, ist sie pflichtteilsberechtigt und schließt ihre eigenen Kinder als Enkel des Erblassers vom Pflichtteilsrecht aus. Die Tochter des Erblassers schließt auch die Eltern des Erblasses, d.h. ihre Großeltern, vom Pflichtteilsrecht aus. Die Eltern des Erblassers sind nur erb- und pflichtteilsberechtigt, wenn beim Versterben des Erblassers keine Abkömmlinge( Kinder, Enkel,Urenkel usw. ) vorhanden sind. Zu berücksichtigen ist auch das zur Zeit des Erbfalls bereits gezeugte, aber noch nicht geborene Kind.

 

Die Höhe des Pflichtteils bestimmt sich nach der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Berechnung des Pflichtteils wird der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit es Erbfalls zugrunde gelegt gemäß § 2311 BGB. Der bzw. die Erben sind verpflichtet Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen und den Wert zu ermitteln. Die Kosten für diese Auskunft und Ermittlung gehen auf Kosten des Nachlasses. Auch ist Auskunft über den ehelichen Güterstand des Erblasser zu erteilen, da er Auswirkungen auf die Erbteile hat. Kommt der Erbe/ die Erben ihrer Verpflichtung nicht oder nicht ausreichend nach, können sie auf Auskunft und Wertermittlung sowie auf Zahlung des sich ergebenden Betrages verklagt werden. Da die Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs mit 3 Jahren relativ kurz ist, sollte der Pflichtteilsberechtigte nicht zu lange auf Auskunft und Zahlung warten, sondern rechtzeitig rechtlich vorgehen bzw. Klage erheben.

 

Um den Pflichtteil in seinem Wert dem Pflichtteilsberechtigten zu erhalten, auch wenn der Erblassser sein Vermögen zu Lebzeiten verschenkt, hat der Gesetzgeber demjenigen, der zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört, d.h. dem Abkömmling, Ehegatten und Elternteil, in § 2325 BGB den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch gegeben. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichttteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Der „Dritte“ kann jede Person sein, also auch der Erbe, Miterbe oder ein anderer Pflichtteilsberechtigter. Erfolgte die Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Tod des Erblassers, wird sie mit 100 % berücksichtigt, innerhalb des zweiten Jahres nur noch mit 90 %, innerhalb des dritten Jahres nur noch mit 80% usw. - liegen zwischen der Schenkung und dem Tod des Erblassers mehr als 10 Jahre, bleibt die Schenkung unberücksichtigt.

Wurde der Ehegatte beschenkt, beginnt die Zehnjahresfrist „nicht vor Auflösung der Ehe“, d.h. die Frist läuft erst ab dem Zeitpunkt der Scheidung des Erblassers von dem früheren beschenkten Ehegatten oder bei bestehender Ehe läuft die Frist ab dem Tod des Erblassers.

 

Für den Zeitpunkt der Schenkung ist entscheidend, wann die Schenkung „geleistet“ wurde. Bei Grundstücken soll die Schenkung erst mit der Umschreibung im Grundbuch geleistet worden sein. Von der Rechtsprechung kritisch bewertet wird die „Leistung“, wenn sich der Schenkende noch eine Nutzung, ein Rückforderungsrecht, einen Nießbrauch oder Ähnliches vorbehält, so dass der Lauf der 10-Jahresfrist unter Umständen gar nicht beginnt.

 

Möchte der Erblasser, dass der Pflichtteilsberechtigte keinen Pflichtteil bekommt, kann er dies nur unter bestimmten Umständen bestimmen.   

§ 2333 BGB führt die wenigen Gründe auf: Ein Pflichtteil kann einem Abkömmling entzogen werden, wenn der Abkömmling dem Erblasser oder ihm nahe stehenden Personen nach dem Leben trachtet oder er sich dem Erblasser oder einer ihm nahe stehenden Person eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig macht, er die ihm gegenüber dem Erblasser obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder wenn er wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Die Gründe gelten entsprechend auch für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.

Der Grund muss zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung bestehen, detailliert und ausreichend angegeben werden. Verklagt derjenigen, dem der Pflichtteil entzogen wurde, die Erben auf Zahlung des Pflichtteils, trifft die beklagten Erben die Beweislast, dass der Grund bestand und dass der Erblasser dem Kläger auch nicht verziehen hat.

 

Diese Hinweise sind nur ein erster Überblick und können eine rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.
Kontaktieren Sie mich daher gerne für eine persönliche Beratung, um Ihre individuellen Fragen zu klären und um für Ihren Sachverhalt eine optimale Lösung zu finden.

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